Donnerstag, 24. September 2009

XXX!*

Als ich jünger war, hatte ich, besonders beim Auto fahren, oft das Problem, dass mir u.a. der Fahrstil anderer Menschen permanent massiv auf die Nerven ging. Ich habe Ihnen also nicht unbedingt die nettesten Namen zugedacht. So weit, so schlimm. Wirklich unangenehm wurde es erst, als ich im Sommer nicht an das geöffnete Fenster dachte, als ich meinem Herzen Luft machte. Entsetzte Blicke trafen mich und ich beschloß, dieser schlechten Angewohnheit ein Ende zu machen.

Die Problemanalyse ergab mangelnde Impulskontrolle -auch bei mir. Gut, das Phänomen ist weit verbreitet. Man ist meist allein im Auto; die soziale Kontrolle entfällt also. Außerdem hat man möglicherweise eine andere Sicht auf die Dinge (Tempo, Vorfahrtsregeln etc.) als die anderen Verkehrsteilnehmer, kann dies aber (außer eben bei geöffnetem Fenster *hust*) nicht ausdiskutieren. Und so weiter.

Das Problem kann also nur behoben werden, indem ich selbst mein Verhalten ändere, da ich ja selbst keinen Einfluss auf das Verhalten der Anderen nehmen kann. Aber was tun?

Lösung des Problems: ein kleiner Schnippsgummi. Wie der so ein Fehlverhalten ändern kann? Ganz einfach. Der Gummi kommt ums Handgelenk. Jedes mal, wenn ich den Impuls zu fluchen verspürte, habe ich daran gezogen und sofort losgelassen. Tut nicht wirklich weh, ist aber unangenehm. Ich habe mir auf diese Weise bewusst gemacht, DASS ich fluchen wollte und konnte den Impuls damit kontrollieren. Das klingt jetzt irgendwie seltsam, aber es funktioniert.

Heute habe ich mir wieder einen Gummi übers Handgelenk gezogen. Der Hund war gestern abend nicht draußen und musste heute morgen ganz dringend vor die Tür. Eigentlich bringe ich immer zuerst das Kind in die Kita und drehe dann eine gemütliche Hunderunde. So aber musste eben heute morgen der Hund mit. Nun ist es leider so, dass der Hund seinen Ärger übers angebunden sein recht laut kund tut. Will sagen, er bellt. Nicht schön, aber verzeihlich, wie ich finde. Ich binde sie auch immer so an, dass sie "aus dem Weg" ist, also meist in einer abgeschiedenen Ecke an einem Zaun. So auch heute. Als ich wieder komme, stehen auf der Straße vor dem besagten Zaun 3 Personen. Ich binde D. los und sage noch so was wie "Na, dann komm mal, du alter Krawallbolzen." Ich bin noch nicht mal mit ihr zum Tor hinaus, da werde ich schon sehr unfreundlich von schräg hinten angepflaumt: "Der Hund hat jetzt 10 Minuten lang gebellt."
"Aha."
"Das nervt wirklich sehr!" Unfreundlichunfreundlichunfreundlich guckend...
"Das tut mir leid." Unverbindlich und mit neutralem (!) Tonfall. ging ich über die Straße. Dann mussten die anderen beiden Herrschaften auch noch ihre superoberwichtige Meinung dazu kundtun.
"Das müssn Se mal was machen!" und "Das geht ja so nicht, dass der so laut bellt."

Und dann kam mein Fehler: ich reagierte. "Was soll ich machen? Die Schnauze zubinden?!" Ich musste dabei wirklich lachen, weil ich kaum geglaubt habe, dass das deren Ernst sei.

"Ja! Da hätten Sie eben den Hund erziehen müssen!" *geifergeifergeifer*
"Das sieht man ja, dass der nicht hört!" (Der Zusammenhang wird mir übrigens auf ewig verborgen bleiben.)
"So ein Maulkorb ist ja nicht sooo teuer!" (Hindert den Hund allerdings auch nur am Beißen, nicht am Bellen.)

Statt mir nicht nur sämtliche in Klammern stehende Erwiderungen zu verkneifen und einfach zu lächeln und zu winken, konnte ich mir eine Antwort nicht verbeißen.

"Alles klar, der Hund bekommt einen Maulkorb und lernt noch Miauen als Fremdsprache. Und Sie erziehen in Ihrer vielen freien Zeit mal besser nur Ihre eigenen Kinder. Da ham Se ja dann wohl schätzungsweise genug zu tun!"

Autsch! Ich wollte doch nicht immer so... Hinterher war mir das peinlich. Wie gesagt, lächeln, winken und weiter gehen hätten ihren Zweck als Handlungsalternative völlig erfüllt. Aber so ärgere ich mich nur. Zuerst über diese Personen. Wie kommt ein Erwachsener "im Rudel" eigentlich auf die Idee, einem anderen Erwachsenen ungefragt solche "Ratschläge" zu erteilen? Dann vor allem über mich selbst. Wieso kann ich so etwas nicht einfach an mir abperlen lassen? Wieso springe ich auf solche Provokationen an? Denn im Nachhinein ist mir klar geworden, dass die dämlichen Sprüche erst kamen, als ich eben nicht auch sofort unfreundlich war, sondern im Gegenteil höflich, unverbindlich und ruhig. Das war wohl nicht gewünscht. Man wollte sich Luft machen und laut schimpfen. Das geht natürlich nicht, wenn man keine Angriffsfläche hat.

Fazit: ab heute kein Wort mehr zu niemandem. Impulskontrolle und Fresse halten. Fertig! *schnipps*

* Anstelle von XXX! bitte die umgangssprachliche Bezeichnung einer menschlichen Körperöffnung im Plural einfügen. Und nein, "Ohren!" ist falsch...

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